Presstext
In Kooperation mit der Hamburger Kunsthalle präsentiert das Kunsthaus Hamburg anlässlich der diesjährigen Verleihung des Kunstpreises Finkenwerder eine umfassende Einzelausstellung der Preisträgerin Edith Dekyndt.
Im Kunsthaus Hamburg wird Edith Dekyndt eine Reihe neuer Arbeiten entwickeln, die vielfältige Bezüge zum Ort herstellen. Mit dem Hafen ist Hamburg als globaler Warenumschlagplatz Teil eines ökonomischen Verwertungssystems, das einen – in der Stadt unübersehbaren – Wohlstand generiert, aber ebenso von extremen Ungleichheiten geprägt ist. So wird nicht weit von der Hamburger Kunstmeile entfernt jener Müll der sogenannten Industrienation als Rohstoff für die prekärsten Teilnehmer am globalen Kreislauf gesammelt und containerweise weiterverteilt. Die ausrangierten Objekte aus Hamburger Haushalten und industrieller Produktion schichtet Dekyndt in der Ausstellungshalle des Kunsthauses zu einer raumgreifenden Installation, in der sich die Härte des ökonomischen Kreislaufs auf einer vielseitigen sensuellen Ebene widerspiegelt. Durch minimale Eingriffe verändert die Künstlerin ihre verwendeten Materialien, indem sie sie u. a. mit Flüssigkeiten tränkt, akkumuliert oder konserviert. In der Kombination medialer, zeitbasierter Arbeiten mit den skulpturalen Materialassemblagen setzt Dekyndt der Komplexität des Themas in der Ausstellung eine zeitlose Formsprache entgegen.
Zusätzlich zu der neuen Installation werden sowohl in der Hamburger Kunsthalle als auch im Kunsthaus Hamburg und im Airbuswerk auf Finkenwerder Arbeiten aus den letzten sieben Jahren präsentiert. Eine verbindende Linie der Werkschau bilden dabei kontrastierende Materialeigenschaften und Aggregatzustände der meist aus dem Alltag entlehnten Objekte, Bilder und Töne, die Dekyndt durch subtile Eingriffe in einfacettenreiches synästhetisches Bezugsfeld zueinander setzt. Häufig verwendet sie in ihren Arbeiten ephemere Materialien wie z. B. Stoffe, Erde, Flüssigkeiten oder Salze. Dabei lässt sie die stillen Kräfte natürlicher Transformationsprozesse sichtbar werden oder dokumentiert in kurzen Videosequenzen die formbildenden Dynamiken, die sie in ihrer Umwelt entdeckt.
Im Titel „The White, The Black, The Blue“ spielt die Künstlerin auf die vielfältige Symbolkraft der Farben an, deren Bedeutung je nach Kontext und Konnotation sehr unterschiedlich ist. Edith Dekyndt stellt die menschlichen Wahrnehmungsfähigkeiten in ihrer Kunst immer auch in einen gesellschaftlichen und politischen Zusammenhang, in welchem die vermeintliche Neutralität natürlicher Phänomene in großem Kontrast dazu steht, wie und wofür der Mensch sie sich zu eigen macht.
Kuratiert von Katja Schroeder
Der mit 20.000 Euro dotierte Kunstpreis Finkenwerder wird seit 1999 vom Kulturkreis Finkenwerder ausgelobt und von der Firma Airbus finanziert. Er wird an Künstler vergeben, die mit ihrem Schaffen einen herausragenden künstlerischen Beitrag zur zeitgenössischen Kunst in Deutschland geleistet haben. Zu den PreisträgerInnen der letzten Jahre zählen die KünstlerInnen Almut Heise, George Rickey, Candida Höfer, Neo Rauch, Daniel Richter, Thorsten Brinkmann, Ulla von Brandenburg, Christian Jankowski und Georges Adéagbo. Mit Edith Dekyndt (*1960, Ypres, Belgien) würdigt die Jury eine Künstlerin, die mit ihrer subtilen und minimalistischen Bildsprache ein nachhaltiges Bewusstsein für die Zusammenhänge zwischen Mensch, Materie und Umwelt geschaffen hat.
Ausstellung 08.Juni -
© ArtCatalyse International / Marika Prévosto 2019. Alle Rechte vorbehalten
Edith Dekyndt, The Blue (detail), 2019.