Presstext
Christian Kosmas Mayers installative und medienübergreifende Arbeiten basieren auf eingehenden historischen und zeitgeschichtlichen Recherchen. Diese dienen einer Neubewertung von Geschichte und Gegenwart, indem sie Evolutionäres und Naturhaftes in einen kulturgeschichtlichen und wissenschaftlichen Bezug stellen. Zentrale Bedeutung in seiner Arbeit besitzt die Auseinandersetzung mit Fragen des Archivierens und Konservierens als geschichtlichem, gegenwartsbestimmendem und zukunftsweisendem Handeln.
Ein Ausgangspunkt für die Konzeption der Ausstellung ist die Architektur des mumok mit ihrer an einen dunklen Felsen oder ein Bergwerk erinnernden Charakteristik, die in der Ausstellung immer wieder anklingt. Augenscheinlich wird dies etwa bei der von Mayer aufgegriffenen wahren Geschichte eines jungen Bergmanns aus Falun (Schweden), der 1670 bei einem Minenunglück verschüttet und dessen Leichnam 1719 in nahezu perfekt konserviertem Zustand wiederaufgefunden wurde. Durch Vitriolwasser all die Jahre vom Zerfall bewahrt, härtete der Leichnam an der Oberfläche in kurzer Zeit aus, als wäre er aus Stein. Eine alte, am Ende ihres Lebens stehende Frau erkannte den versteinerten Unbekannten schließlich als ihren verschollenen Verlobten wieder. Diese Geschichte sprach besonders die Autoren der deutschen Romantik an, die aus ihr eine der bekanntesten Erzählungen ihrer Zeit machten (unter anderem von ETA Hoffmann, Achim v. Arnim, Johann Peter Hebel und Hugo von Hofmannsthal).
Versteinerung tritt hier als transformatorischer Prozess in Erscheinung, durch den lebendige Materie scheinbar Vergänglichkeit und Vergessen überwindet, paradoxerweise aber um den Preis des Lebens. Seit Urzeiten ist der Mensch von diesem Prozess fasziniert, weshalb auch sogenannte Versteinerungsquellen Orte mit großer Anziehungskraft wurden. Das natürliche Phänomen der Versinterung durch extrem mineralienhaltiges Wasser wurde hier benutzt, um Alltagsobjekte über Monate oder Jahre hinweg zu versteinern. Die Quellen galten zunächst als magische und verhexte Orte, lösten verschiedenste abergläubische Assoziationen aus und wurden später zu den weltweit ersten Touristenattraktionen für ein sensationsgieriges Publikum im viktorianischen England. Für seine Ausstellung wird Mayer eine künstliche Versteinerungsquelle im mumok installieren, die eine Reihe an Objekten über die Ausstellungsdauer hinweg mit einer Steinschicht überziehen wird. Ob die darunterliegenden Objekte dadurch dem Vergessen zugeführt oder doch eher konserviert werden, um von den Archäolog_innen der Zukunft einmal wiederentdeckt werden zu können, wird hier bewusst offengelassen.
Ausstellung 23.Februar -
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Christian Kosmas Mayer, Silene, 2018. © Institute of Cell Biophysics, Russian Academy of Sciences, Pushchino/Bildrecht Wien, 2019