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Presstext
DDie Gruppenausstellung Over Land and Sea verweist auf die migrantische Geschichte der Menschheit, ihre Gegenwart und Zukunft. Im Spannungsfeld zwischen Greifbarem und Mythischem, Lebendigem und industriell Produziertem vergegenwätigen die ausgewälten Arbeiten die menschliche Verwundbarkeit und gleichzeitige Fäigkeit zum Wandel und zur Transformation. Sie regen zu einer humanistischen Reflexion üer die Art und Weise an, wie wir heute leben.
05.04. -
Ausgangspunkt ist Teresa Solar Abbouds Installation Osteoclast (I do not know how I came to be on board this ship, this navel of my ark), die zum ersten Mal in Deutschland gezeigt wird. In den großformatigen Skulpturen zieht die Küstlerin eine Parallele zwischen Knochen –hohlen Strukturen, Träern von Gewebe, Venen und Zellgemeinschaften –und Schiffen –Vehikeln der Migration, Überbringern von Menschen und Wissen. Im Gegensatz zu den riesigen Schiffen, die in Hamburgs Werften gebaut und angedockt werden, setzen Solars Abbouds Kajaks den menschlichen Köper auf Meereshöe und erinnern an seine Zerbrechlichkeit im Angesicht der Kraft des Wassers. Inspiriert von Knochenflöen –dem ätesten Blasinstrument der Welt –stellt die Küstlerin auch eine Verbindung her zwischen dem Atem der Menschen und der Bewegung, die der Wind den Booten auf dem Ozean verleiht.
In ihren textilen Flachreliefs greift Eliška Konečná symbolisch Themen auf, die bereits in Solar Abbouds Installation durch die Referenz zu Fluchtrouten über das Meer anklingen. Die Künstlerin beschäftigt sich mit universellen Fragen nach Existenz, Moral und Begehren. Die Figuren in ihrem Triptychon Thirst wirken wie zeitlose antike Götter, die unweigerlich menschliche Fehler machen. Ihre hybriden Körper sind sowohl Ausdruck ihres Begehrens als auch Objekt ihrer Bestrafung. Durch die Körper, die sie in einer scheinbaren Suche nach Vergebung waschen, werden Schmerz und Schuld, Resignation und Akzeptanz gegenübergestellt. Dabei verschwindet das Motiv des Wassers nicht, es entweicht und verwandelt sich.
Die Videoarbeit Raptor's Rapture von Jennifer Allora & Guillermo Calzadilla setzt bei der Frühzeit der Menschheit an und verweist auf das Entstehen sozialer Bindungen durch Musik, das Wachstum der Erdbevölkerung und ihre territoriale Ausbreitung. Eine Flötistin, die auf prähistorische Instrumente spezialisiert ist, spielt im Video in Gegenwart eines lebendigen Gänsegeiers auf einem Flügelknochen – einem der ältesten je gefundene Musikinstrumente. Die akustische Spur, die von der Flöte ausgeht, erweist sich als eine Zeitkapsel, die uns aus der Entstehungsphase der Musik und der Sprache erreicht.
Den Kreis schließend entwickeln Nina Kuttler und Louis d'Heudières eine spekulative Zukunftsvision. Ihre für das Projekt neu entstandene Installation, bestehend aus Soundarbeiten und Skulpturen, handelt vom Abbau eines fiktiven Minerals unter fragwürdigen Bedingungen, um in den kapitalistischen Kreislauf eingespeist zu werden. Das Schürfen von seltenen Erden ist ein erheblicher landschaftlicher Eingriff, der häufig ganze Gebiete unbewohnbar macht. Sowohl klimatische Veränderungen als auch die direkte Ausbeutung natürlicher Ressourcen sind Auslöser für Klimamigration. Zugleich ist der Handel mit Waren und Rohstoffen Teil des Transaktionsnetzwerks, in dem wir uns als Mitglieder der kapitalistischen Gesellschaft zwangsläufig befinden, ohne unseren physischen Körper zu bewegen.
Kuratiert von Anna Nowak
View of Over Land and Sea, Kunsthaus Hamburg, Hamburg, 2025. Photo: Antje Sauer.
Ausstellung 05. April -
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