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International Archiv 2019

 Presstext


Bäume als Akteure der Geschichte, Migration von Blumen oder Heilpflanzen als Zeugen des Neo-Extraktivismus – dies sind Themen, die Uriel Orlow in seinen Werken verfolgt. Er arbeitet recherche- und forschungsbasiert. Konkrete Begebenheiten und Entwicklungen bilden stets den Ursprung seiner vielschichtigen, multimedialen Werke. Seit einigen Jahren gilt das Hauptaugenmerk des Künstlers den Verstrickungen des afrikanischen Kontinents mit Europa. Pflanzen sind dabei die erzählenden Protagonisten und verankern sämtliche Ereignisse in unserer Gegenwart.













 




































Uriel Orlow, Conversing with Leaves

Kunsthalle Mainz (Deutschland)

29.11.2019 - 23.02.2020




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Für seine Soloschau in der Kunsthalle Mainz entwickelte Uriel Orlow einen Rundgang, der Raum für Raum vom Beginn der Kolonialisierung über die  Anti-Apartheid-Bewegung  bis hinein in unsere Zeit führt.

The Memory of Trees  ist eine Serie großformatiger Schwarz-Weiß-Fotografien von Bäumen, die als historische Zeugen auftreten. In jedem der abgebildeten Gewächse, darunter ein Mandelbaum oder eine Ölpalme, verkapselt sich eine spezifische Lebensgeschichte, die eng mit der Kolonialisierung verbunden ist. Uriel Orlow legt diese offen, indem er die Fotografien durch Texte ergänzt, die von der ersten Pflanzung der Bäume in Afrika, ihren Einsatzgebieten und wandelnden Funktionen berichten.

Eine Weiterführung dieser Werkreihe bildet  Wishing Trees  – eine Auftragsarbeit für die Manifesta 12 in Palermo. Erstmals beschäftigte sich Uriel Orlow hier mit Bäumen auf dem europäischen Kontinent und mit Legenden sowie Ereignissen, die in sie eingewachsen sind. Als Zeugen von Konflikten, Migration, Anti-Mafia-Aktivismus verbinden sie Menschen und Natur, Geschichte und Gegenwart miteinander. Gleichzeitig stehen sie bis heute für Wünsche und Hoffnungen. Der Werkkomplex  Theatrum Botanicum  umfasst u. a. Videos, Soundarbeiten, Diaprojektionen und Fotografien. Die beständig wachsende Serie thematisiert Pflanzen als Agenten internationaler Verstrickungen und Kräfteverhältnisse. Die Umbenennung der indigenen Flora durch Kolonialmächte, der Import fremden Saatguts oder die inhaltlich-politische Aufladung der Pflanzen – all diese Beispiele belegen historische Aneignungsstrategien. Gleichzeitig bildet der Umgang mit der Pflanzenwelt Parallelen zu den Verhaltensmustern der kolonialen Besatzer mit den Indigenen ab, die bis heute fortwähren.

Soil Affinities  nimmt seinen Ausgang im 19. Jahrhundert im Gemüseanbau des Pariser Vororts Aubervilliers, der in die Industrialisierung und den Ausbau der Landwirtschaft in den Kolonien mündete. Videos, Fotografien, Bodendokumente präsentieren sich in Transportkisten und zeichnen das Beziehungsgeflecht zwischen Pflanzen und Personen von Frankreich bis nach Mali und in den Senegal, vom 19. Jahrhundert bis hinein in die Gegenwart nach.

Spuren des europäischen Kolonialismus sind allgegenwärtig. Doch oft fehlt das Wissen, sie zu entdecken und zu entschlüsseln. Uriel Orlow konstruiert mit seinen Werken Wege, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft miteinander verbinden. Diese Wege sind verschlungen, manchmal überwachsen; Abenteuerpfade, die spannende, berührende und überraschende Geschichten erzählen. Wir verlassen sie angereichert mit Wissen darum, was das alles mit uns zu hat, mit Sensibilität gegenüber der gesellschaftlichen Relevanz von Pflanzen und dem Impuls zur Reflexion, wie wir mit diesen Informationen umgehen. Denn Uriel Orlow gelingt es mit seinen immersiven Settings die Betrachter innen in die Geschichten hineinzuführen: Displays, die eine Erschließung der Werke in Zeit und Raum ermöglichen, Archivmaterial, das von einer zeitgenössischen Darstellerin bewohnt wird oder die miteinander kombinierten Genres Interview, Theaterstück und Performance machen sein Werk so unmittelbar und lebendig.

Der Ausstellungstitel Conversing with Leaves  bezeichnet Uriel Orlows Herangehensweise und Präsentationsform gleichermaßen. Er hebt auf die erzählerische Qualität seiner Werke und auf Zwiegespräche, die innerhalb der Arbeiten, zwischen ihnen, doch ebenso mit den Besucherinnen geführt werden, ab.  Conversing with Leaves stellt die erste deutsche und die bis dato umfangreichste Einzelpräsentation des Künstlers dar.

Die Ausstellung wird unterstützt durch die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur  und Pro Helvetia.

























 







Ausstellung 29.November 2019 - 23.Februar 2020. Kunsthalle Mainz, Am Zollhafen 3-5  - 55118 Mainz (Deutschland). T +49 6131 126936. Öffnungszeiten : Dienstag, Donnerstag, Freitag 10–18 Uhr, Mittwoch 10–21 Uhr - Samstag und Sonntag 11–18 Uhr -Feiertage 11–18 Uhr. Montags geschlossen.
































 





 



























 





 











 Uriel Orlow, Wishing Trees, 2018, installation view, Manifesta 12 Palermo. Photo: Simone Sapienza.

Uriel Orlow, Wishing Trees, 2018, installation view, Manifesta 12 Palermo. Photo: Simone Sapienza. Uriel Orlow, Conversing with Leaves, Kunsthalle Mainz

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