Presstext
„Nebel lässt sichtbare Dinge unsichtbar werden, während unsichtbare – wie Wind – sichtbar werden.“ Fujiko Nakaya
Die Nebelskulpturen von Fujiko Nakaya bestehen vollständig aus Wasser. Sie fordern traditionelle Vorstellungen von Skulptur heraus, indem sie sich je nach Temperatur, Wind und Atmosphäre in jedem Augenblick verändern.
08.04 -
„Nebel Leben“ist die erste umfassende Werkschau von Fujiko Nakaya (*1933 in Sapporo, Japan) außerhalb Japans. Nakaya wurde in den 1960er Jahren als Mitglied des New Yorker Kollektivs Experiments in Arts and Technology (E.A.T.) bekannt und erlangte internationales Renommee für ihre immersiven Nebelkunstwerke, die sich über die traditionellen Konventionen der Bildhauerei hinwegsetzten, indem sie temporäre, grenzenlose Transformationen erzeugten, die das Publikum mit einbeziehen und der Atmosphäre Gestalt verliehen. Schon früh beschäftigte sich Nakaya mit ökologischen Fragen und arbeitete mit Wasser und Luft – Elemente, die angesichts der Klimakrise eine besondere Bedeutung gewonnen haben. Von den frühen Gemälden der Künstlerin bis hin zu ihren Nebelskulpturen, Ein-
Munich Fog (Fogfall) #10865/II, die Skulptur im Außenraum an der Ostseite des Haus der Kunst, sowie Munich Fog (Wave), #10865/I sind neue, für die Ausstellung entwickelte Arbeiten. Sie sind als Performance angelegt, an denen Nebel, Raum und das Publikum teilhaben. In Nakayas Arbeit steht Wasser als skulpturales Element und Metapher für endlose zeitliche Prozesse, um materielle Realitäten und medial erzeugte Illusionen zu verknüpfen. Der interdisziplinäre Ansatz der Künstlerin zeigt sich auch in den Titeln ihrer Nebelarbeiten: Die darin angegebene Zahlenkombination bezieht sich auf die nächstgelegene Wetterstation, deren Daten die Planung der jeweiligen Installation beeinflussen.
Ein ganzer Raum lokalisiert Nakayas Schaffen in einem Multiversum historischer Ereignisse. Er ist ihrem frühen Umweltbewusstsein und der Entwicklung ihres Werkes gewidmet, das Aspekte ostasiatischer und westlicher Kunstströmungen aufgreift. Die Galerie im Obergeschoss vertieft die Kontextualisierung ihrer Arbeit und zeigt eine Auswahl pädagogischer Wissenschaftsfilme der Produktionsfirma Iwanami, die von dem Vater der Künstlerin, dem Physiker Ukichiro Nakaya, gegründet wurde. Neben frühen Gemälden und Skizzen der Künstlerin sind in diesem Raum Dokumente zu sehen, die einen Einblick in seine Forschung geben, die Fujiko Nakayas Zugang zur Welt, ihrer Materie und Mediatisierung maßgeblich beeinflusst hat. (Weitere Informationen im digitalen Ausstellungsguide.)
Nakayas Gemälde und Zeichnungen zeugen von einer Sehweise, die von wissenschaftlich exakter Beobachtung geprägt ist. Für die Künstlerin ist Beobachtung das Grundprinzip sowohl von Kunst als auch von Wissenschaft. Die Gemälde ähneln abstrakten Landschaften und verweisen auf das Interesse der Künstlerin an zyklischen Prozessen von Zerfall und der Entstehung neuen Lebens. Die gemalten Wolken und biomorphen Formen bilden dabei eine wesentliche Verbindung zu Nakayas Praxis der bewegten Bilder und ihren Nebelskulpturen.
Fugiko Nakaya, Foggy Forest, Showa Kinen, Park Tachikawa, 1992 © Shigeo Ogawa
Ausstellung 08.April -
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