Den Jahresauftakt des Senckenberg-Programms 2023 macht die Ausstellung „The Machine“ von Maria Loboda. Im Mittelpunkt ihrer Installation steht ihr Film „The Machine“ – es ist der erste Film der Künstlerin. Die Hauptrolle spielt ein artesischer Brunnen, der ohne technische Hilfe sprudelt. Im Maschinenzeitalter erhalten diese Brunnen eine besondere Aufmerksamkeit. Sie schaffen auf natürliche Weise ein „Wassertheater“, das sonst nur mit großem maschinellem Aufwand herstellbar wäre. Auch in der industriell überformten Landschaft der Grube Messel steht merkwürdigerweise ein solcher Brunnen. Lobodas Film beschreibt eine fantastische Reise von Messel und dem Zeitalter des Eozäns, der „Morgenröte“, vor 50 Millionen Jahren, über Maschinen des 18. und 19. Jahrhunderts bis hin zu Forschungslaboren.
Während ihrer Besuche in Messel und im Austausch mit den Messel-Forscher*innen der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung entdeckte Maria Loboda einen artesischen Brunnen, der ohne technische Hilfe sprudelt. Er ist für die Forschungen in der Grube eher von untergeordnetem Interesse und steht in eigenartigem Gegensatz zum Ort und zu den Fossilien. Loboda begann die Geschichte der Grube, ihre Bedeutung für Paläontologie, Paläoökosystemforschung, Paläoklimaforschung und die Historie des Brunnens tiefer zu recherchieren. Der Film ist das Ergebnis dieser künstlerischen Forschung. Er verbindet in einer fiktiven Geschichte alle genannten Bereiche und setzt ein Augenmerk auf die menschlichen Konstruktionen von Welt und Umwelt, Wissenschaft, Technik und Kunst.
Im Film verarbeitet Loboda, die sich selbst auch als Gegenwartsarchäologin bezeichnet, ihre Erfahrungen und Überlegungen zur Fossilfundstätte Messel und zu dem Erdzeitalter des Eozäns. Aus dieser Zeit stammen die weltweit berühmten Messel-Fossilien wie das Urpferdchen sowie Primaten, Fische, Insekten, Pflanzen und Reptilien. Der Erhaltungszustand einiger Fossilien umfasst auch Mageninhalt und Weichkörperumrisse sowie Fell und Federn, was die Fundstelle so außerordentlich bedeutsam macht. Nicht nur für die Geschichte und Gegenwart der Paläontologie, sondern auch für die historische Biodiversitätsforschung ist der Ort weltweit einzigartig. Auch die politischen Entwicklungen, von den Plänen aus der Grube eine Mülldeponie zu machen bis hin zu deren Unterschutzstellung als UNESCO-Welterbe 1995, sind besonders.
Der Film und die Installation sind der Auftakt einer Reihe von Ausstellungen und Veranstaltungen, die den Blickwinkel von Künstler*innen auf die Naturwissenschaften und die Natur zeigen. „Die Erkundung der Welt durch Künstler*innen ermöglicht völlig neue Zugänge zu Themen der Naturwissenschaften und zu den Forschungen bei Senckenberg“, so Museumsdirektorin Dr. Brigitte Franzen. „Die Wirkmacht künstlerischer Sichtweisen, Forschungen und Bilder sind für das Naturmuseum der Zukunft ein wichtiges und ebenbürtiges Reservoir für experimentelles Denken“, fährt sie fort. Diese Brücke zu schlagen, bildet einen Schwerpunkt der Ausstellungen im Senckenberg Naturmuseum in diesem Jahr und wird die Museumsarbeit auch in den folgenden Jahren begleiten.
Loboda ist mit diesem Projekt die erste Preisträgerin des Ottilie-Roederstein-Stipendiums des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst.